“Etwas gemeinsam haben” heißt nicht “gleich sein”. Dies gilt umso mehr für Paris und Berlin: Beide haben viel gemeinsam. Zwei Großstädte von Weltrang, die sich über Kunst und Kultur, Wirtschaft und Politik definieren. In ihnen werden Träume geboren und manchmal auch lebbar. Gleichsam symbolisieren diese Orte für viele Menschen auch einen Traum. Deshalb ist es ein Wunsch, den viele hegen einmal in Paris oder Berlin zu leben, oder die Stadt zumindest zu besuchen.
Was prägt diese Orte? Wo sind Unterschiede, wo Verbindungen? Ein Schlaglicht.
Paris
Wenn es ein Verb gibt, das Paris beschreibt, so ist es „sein“. Mit jeder Pore ist Paris, es steht unerschütterlich in der Mitte der Zeit. Denn Paris ist selbstbewusst, es ist mondän, vielleicht sogar etwas arrogant. Paris muss sich nichts beweisen. Es ist im Reinen mit seiner Vergangenheit, und integriert diese in die Gegenwart. Wenn die Welt in Paris ist, so wird sie ein Teil von Paris. Sie ordnet sich ein, passt sich an, will erobern.
Berlin
Ganz anders Berlin. Berlin ist das Verb „werden“. Eine Stadt, die sich entwickelt, sich verändert, sich sucht. Geschichte ist hier Zeitgeschichte, sichtbar in vielen Baustellen, Plattenbauten und neuen Glasfassaden. Nicht Berlin definiert die Menschen, die hierher kommen, sondern umgekehrt: Die Menschen definieren folglich Berlin. Berlin vibriert, verändert sich, passt sich auch einmal den Menschen an.
Geschichte “made in Paris”…
Vielleicht der größte Unterschied: Paris atmet alte Geschichte, während Berlin vor Zeitgeschichte strotzt. So gesehen ergänzen sich beide Städte perfekt: In Paris wird vor allem die Zeit der Französischen Revolution lebendig. Das Leitmotto von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit findet sich heute immer noch als zentraler Punkt im französischen Geschichtsverständnis wieder. Und nicht nur dort! Ein demokratisches System mit Gewaltenteilung, Menschenrechte, Bürgerrechte, ein Sozialsystem, Aufklärung — all dies sind Errungenschaften der Französischen Revolution, die das Bild Europas auch heute prägen.
Interessanterweise stammt aus dieser Zeit, nämlich 1788, auch das Brandenburger Tor. 1806 kommen beide Geschichten zusammen: Napoleon und seine Armee nimmt in diesem Jahr Berlin ein. 1814 sind die preußischen Truppen an der Eroberung von Paris beteiligt. Wer in Berlin ein Denkmal für die Befreiungskriege gegen die Franzosen sucht wird im Viktoriapark in Kreuzberg fündig, von dem man nicht zuletzt einen großartigen Blick auf die Stadt hat.
…und aus Berlin
Die Abkehr von einem autoritären System symbolisiert wohl in Berlin am besten das Brandenburger Tor. Hier lagen sich 1989 — zum ersten Mal am 22. Dezember — 100.000 Menschen in den Armen — Ost- und Westdeutschland vereinigten sich wieder. Damit eingeleitet wurde eine Zeitenwende in ganz Europa: Der Warschauer Pakt zerbrach, die Länder Mittel- und Osteuropas orientierten sich in ihrer neuen Staatlichkeit. Auch der Mauerfall wirkte weit über Deutschland hinaus. Nach dem Zusammenbruch des Sowjetreiches wurden 2004 und 2006 zwölf neue Staaten Mitglied der Europäischen Union.
Besser zusammen!
Paris und Berlin, Deutschland und Frankreich haben sich jedoch nicht organisch einander immer stärker angenähert. Französische und deutsche Geschichte ist auch geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen: 1813 kämpfte Preußen in Paris, 1870/71 fand der Deutsch-Französische Krieg statt, der mit der Belagerung von Paris endete. Erster Weltkrieg mit Versailler Vertrag und Zweiter Weltkrieg sind weitere — traurige — Wegmarken des ursprünglichen deutsch-französischen Verhältnisses.
Hiernach begann eine Zeit radikaler Neuorientierung. In beiden Staaten erwachte das Verständnis, dass eine gute Zukunft nur in einer Besinnung auf Gemeinsamkeiten und Kooperation stattfinden könnte. Die europäische Einigung begann, und mit ihr das Schlagwort des “deutsch-französischen Motors”.
Bis heute ist dieses Miteinander eine zentrale Grundlage für das Vorankommen weit über beide Länder hinaus: Die Überzeugung, dass es lohnt Gemeinsames höher zu bewerten als Unterschiede — und Unterschiede als positive Merkmale, nicht trennende Faktoren wahrzunehmen.
Orte, die verbinden: Paris
- “Square de Berlin” im 8. arrondissement: 1999 beschloss die Pariser Stadtverwaltung, den Platz in der Nähe der Champs Elysées nach der deutschen Hauptstadt zu benennen. Vervollständigt wird er von einem Gedenkstein der Berliner Mauer und einem Berliner Bären aus Blumen.
- Co-Working für die deutsch-französische Community: Das TWO nahe Place de la République. http://two-paris.com
- Für Kultur und Sprache: Das Goethe Institut an der Avenue d’Iéna hat ein breites Angebot: www.goethe.de/paris
- Currywurst: Auch auf das kulinarische Highlight Currywurst muss man in Paris nicht verzichten. Optionen sind der Foodtruck
curry-wurst.fr/, das Restaurant Wunderbär (www.wunderbar-paris.com) an der Rue Beaurepaire oder das Café Titon (cafetiton.com) an der gleichnamigen Rue Titon.
Orte, die verbinden: Berlin
- Im Stadtbild gibt es gleich mehrere Orte: Der Französische Dom am Gendarmenmarkt weist eindrucksvoll auf die Geschichte der Hugenotten hin, die im 17. Jahrhundert nach Berlin flohen, um dort ihren Glauben frei ausleben zu können. 1814 wurde der Platz vor dem Brandenburger Tor “Pariser Platz” benannt. Auch im ehemaligen französischen Sektor in Wedding und Reinickendorf finden sich manche Spuren.
- Wer französisches Essen liebt, dem sei die Bäckerei “Du Bonheur” an der Brunnenstraße empfohlen (https://www.dubonheur.de/), ebenso wie die Paris Bar an der Kantstraße (www.parisbar.net), in der sich die Berliner Kunstszene trifft.
- Für alle Einkaufswütigen: In Berlin steht eine der wenigen Galeries Lafayette außerhalb Frankreichs: Französische Straße 23, U‑Bahnhof Französische Straße. Abends lockt ein Film im Cinéma Paris an der Kantstraße.
Was denkst Du? Was bedeuten diese Orte für Dich?